Anne Will hat sich geoutet.
Ach was, sagt da die gewiefte Siegessäulenleserin.
Später am Tage las ich irgendwo in einigen Blogs "
Wer hat DAS denn noch nicht gewusst?!"
Kann ich beantworten: meine Mutter nicht, und mit Sicherheit auch nicht Jenny und Jonny. Und die tranige Kassiererin in der Bioinsel vermutlich auch nicht. Und auch bei meiner temporäre Pianistin bin ich mir ziemlich sicher, dass sie es nicht wusste.
Ob es sie interessiert? Vielleicht ja, vielleicht nein. Ob sie von dieser Erkenntnis allgemeine oder spezielle Rückschüsse ziehen, z.B. auf meine Person? Vielleicht ja, vielleicht nein.
Aber genau deswegen finde ich es in Ordnung, dass sich eine Frau Will oder eine Frau Meckel outet. Und genau deswegen will ich nicht diesen Unterton von "Ich bin schon viiieeel länger out als du!" haben. Ich habe keine Lust mehr, auf Frauen in the closet mit dem Finger zu zeigen. Dieses "Ich bin besser als du, weil ich out bin und du nicht".
Ich war selber mal ordentlich in the closet, und ich bin inzwischen out, auch am Arbeitplatz und in der Familie.
Nach diesen Erfahrungen denke ich inzwischen, dass es eine harte Sache sein kann, sich selber in the closet eine Kerze anzumachen um den Ausgang zu finden, insbesondere wenn man eine Ahnung davon hat, welche deprimierenden Varianten des Outseins es auch geben kann.
Allein Fomrulierungen wie "bekennt sich zu", "Steht öffentlich zu ihrer Neigung"...
Wünsche ich mir mehr Anne Wills und Miriam Meckels? Ja, keine Frage. Ich hatte nur
diesen unsäglichen Film mit Audrea Hepburn und Shirley MacLaine, die schuppenbeflochtene Schneiderin von nebenan, von der meine Mutter sagte, dass sei aber eine merkwürdige Person, naja, bei der Neigung, sowie etwas später dann Hella von Sinnen.
Super.
Würde ich mich heute noch mal am Arbeitsplatz outen? Nicht unbedingt, da sind nicht nur positive Erfahrungen.
Daher bin ich bereit zu akzeptieren, dass Menschen sich dafür entscheiden, sich nicht zu outen.